Gleichzeitig schwach und stark: So fühlen sich chronische Schmerzen durch Endometriose für mich an
Es ist 20 Uhr abends und ich bin wieder einmal so erschöpft, dass ich auf dem Sofa problemlos einschlafen könnte. Aber ich will dieser Müdigkeit nicht nachgeben. Viel lieber würde ich lesen, basteln, rausgehen oder etwas anderes tun, das mir Freude bereitet. Doch ich kann nicht, denn die Schmerzen in meinem Bauch, Rücken und in meinen Beinen, das schwere Gefühl in meinem Körper und der Nebel in meinem Kopf machen mich zu nichts fähig. Langsam rutsche ich in eine melancholische Stimmung. Und das, obwohl eigentlich nichts passiert ist, was mich traurig machen sollte. Oder … vielleicht doch?
Endlich wieder in den Wald
Vor anderthalb Wochen fühlte ich mich endlich wieder fit genug, um mit meiner Hündin Emma eine längere Wanderung im Wald zu unternehmen. Ich wählte eine zehn Kilometer lange Strecke entlang des Dreiländerecks, eine Route, die ich vor Jahren schon einige Male gelaufen war. Ich freute mich sehr darauf, denn Wandern ist ein Hobby, das ich seit etwa drei Jahren kaum noch ausüben konnte. Anfangs mussten mein Mann und ich die Wanderungen einschränken, weil wir Emma adoptiert hatten, eine ehemalige Straßenhündin aus Ungarn, die draußen sehr unruhig war. Ein halbes Jahr später bekam ich aufgrund meiner Endometriose chronische Schmerzen und Erschöpfung. Auch nach einer Bauchspiegelung verschwanden die Beschwerden nicht, sodass das Wandern ganz in den Hintergrund rückte.
Ein Schritt vor, zwei zurück
Voller Enthusiasmus startete ich also in die Wanderung und genoss den Wald und die Stille des frühen Morgens. Doch schon auf halber Strecke merkte ich, wie meine Energie nachließ. Aber was hätte ich tun sollen? Mitten im Wald stehenbleiben war keine Option, also musste ich weitergehen, so herausfordernd es auch war. Letztendlich schaffte ich es und bin sogar relativ gut durch den Rest des Tages gekommen. Am nächsten Morgen wachte ich jedoch mit ziehenden Schmerzen im Unterbauch und tiefer Erschöpfung auf. Ein vertrautes Gefühl. Seitdem ist es – mit Ausnahme eines einzigen Tages – jeden Tag so gewesen. Ich musste einen schönen Tag mit meinen Geschwistern absagen, persönliche Projekte aufschieben und den Haushalt größtenteils liegen lassen.
Schmerz, der alles bestimmt
Heute hat mein Körper noch eins draufgesetzt. In der Nacht träumte ich, dass ich vor Bauchschmerzen ohnmächtig wurde, und als ich aufwachte, war der Schmerz tatsächlich stark, fast wie früher während meiner Periode. Obwohl meine letzte Periode inzwischen über ein Jahr her ist, erinnern mein Mann und ich uns noch genau an den üblichen Ablauf: eine ordentliche Dosis Schmerzmittel, die Anwendung des TENS-Geräts und anschließend ein heißes Bad. Doch wie damals brachte das kaum Linderung. Trotzdem gab es heute kurze Momente, in denen die Schmerzen so weit nachließen, dass ich genug Kraft hatte, um die Wohnung in Etappen zu saugen, mit dem Hund rauszugehen und ein wenig zu basteln. Alles in allem ist das gar nicht so wenig, aber für jemanden mit so viel Tatendrang wie mich fühlt es sich bitter wenig an. Ja, vielleicht habe ich heute Abend doch Grund, traurig zu sein.
Mein Leben mit Schmerzen: schwach, stark und alles dazwischen
Vor ein paar Tagen hat mich jemand gefragt: „Wie fühlt es sich eigentlich an, diese chronischen Schmerzen und die ständige Erschöpfung durch Endometriose zu haben?” Auch nach all den Jahren fällt es mir schwer, dafür Worte zu finden.
Da ist der Schmerz, der mich verfolgt – oft ein ziehender, täglicher Begleiter, manchmal so heftig und hartnäckig, dass mir der Atem stockt oder ich davon weinen muss. Hin und wieder ist er auch mal abwesend, was mir eine kurze Verschnaufpause verschafft. Da ist die Unvorhersehbarkeit meines körperlichen Zustands. An einem Tag fühle ich mich ganz okay, am nächsten bin ich bereits beim Aufstehen völlig erschöpft. Das erschwert nicht nur die Tagesplanung und ein normales Arbeitsleben, sondern zwingt mich auch, in allen Aspekten meines Lebens flexibel zu sein, loszulassen und ständig kreative Lösungen zu finden.
Ich fühle mich oft schwach und dennoch stark. Beschämt und doch stolz. Ängstlich und doch mutig. Ich bin enttäuscht und traurig darüber, was ich nicht kann und welche Last ich tragen muss. Gleichzeitig bin ich hoffnungsvoll und dankbar für all das, was ich habe, was ich dennoch tun kann und was die Zukunft vielleicht noch bringt.
Vor allem aber bin ich so müde. Und doch bin ich entschlossen, Tag für Tag weiterzumachen und daran zu glauben, dass sich die Dinge zum Besseren wenden können.